In der Performance „Different Trains | Different Art“ tauchen die Zuhörer in das Amerika der 1940er Jahre ein: der junge Steve Reich nimmt sie mit auf die Fahrt von New York nach Los Angeles. Seine Eltern leben getrennt, und er pendelt mit seiner Gouvernante zwischen Vater und Mutter. Jahre später reflektierte er diese Reisen: wäre er als Kind jüdischer Eltern nicht in den USA, sondern in Europa mit dem Zug gereist, hätte das seinen Tod bedeuten können.
„Different Trains“ von Steve Reich ist ein Werk für Streichquartett mit zugespieltem Tonband. Die musikalischen Elemente erwachsen aus Geräuschen wie dem Pfeifen und Rattern fahrender Züge sowie Interviews mit Zeitzeugen und Holocaust-Überlebenden. So wird beispielsweise aus dem Satz „From Chicago to New York“ eine rhythmische Zelle gebaut, die von den Streichern aufgegriffen und ständig wiederholt wird. Der Kriegshorror wird außerdem durch Effekte wie eine schallende Sirene im Tonband wiedergegeben.
Für das Projekt hatte sich der Bauhaus-Universität-Absolvent Lucian Patermann intensiv mit der Musik beschäftigt und Bilder dazu geschaffen, die inhaltlich und zeitlich genau auf die Musik abgestimmt waren. Jede musikalische Aussage, jede Phrase, jedes kleine Detail wurde auch auf die Leinwand projiziert. Das Grundelement der Visualisierung waren Buchstaben, die sich in Kreise und Gleise, in Fratzen und Masken, in Gesichter und Züge verwandelten.
Das zweite Werk trug den Titel „WTC 9/11“ und wurde zum Gedenken an die Opfer der Anschläge auf das World Trade Center im Jahr 2001 komponiert. Hierfür hat Patermann Tusch-Arbeiten geschaffen, die er für die Projektion so bearbeitet hatte, dass sie in Zeitlupentempo ineinander übergingen. Die Atmosphäre, die so entstand, war eine ganz andere als bei „Different Trains | Different Art“: der Zuhörer wurde durch die Ruhe der Bilder in einen geradezu meditativen Zustand versetzt und konnte sich fast wie von selbst in die Feinheiten des musikalischen Ausdrucks versenken.
Auch in dieser Komposition bilden Interviews und originale Tondokumente die Basis, anders als bei „Different Trains“ wird aber weniger fragmentiert, sondern vielmehr eine zusammenhängende Geschichte erzählt. Das Werk endet mit einem jüdischen Gesang auf den Psalm 121:8, der vom Quartett aufgegriffen wird und die Musik vom Tonband begleitet.
Um dem Publikum einen leichteren Zugang zu den Werken zu ermöglichen, wurden sie in einer Einleitung vorgestellt, durch Moderation zueinander in Beziehung gesetzt, und durch die Rezitation der auf den Tonbändern aufgezeichneten Texte erklärt.
Ein Beitrag der Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar.